Stand: 14.04.2022 01:40
Die abgesagte Reise von Bundespräsident Steinmeier hat für Empörung – und jetzt Verwirrung – gesorgt. Die Ukraine bestreitet, Präsident Steinmeier ungebeten zu haben. Es habe keine Anfrage gegeben, sagt Präsident Selenski.
Über den gescheiterten Besuch von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier in Kiew ist widersprüchlich berichtet worden. Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte bereits heute Nachmittag, kein Besuchsangebot von Steinmeier sei abgelehnt worden. Selenskyj selbst habe am Abend gesagt, Steinmeier oder sein Büro hätten keine offizielle Anfrage an die Ukraine gerichtet, berichtet Reuters.
Fest stehe jedoch, dass Steinmeier in Kiew nicht gesucht worden sei – dies sei dem deutschen Botschafter in Kiew von der Verwaltung des ukrainischen Präsidenten schriftlich mitgeteilt worden, sagte die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios Tina Hassel. Dementsprechend könnten die Äußerungen der Ukraine ein Versuch sein, den diplomatischen Schaden zu begrenzen.
Empörung in Deutschland, nachdem Präsident Steinmeier nicht von Kiew eingeladen wurde
Michael Stempfle, ARD Berlin, Tagesthemen 22:15, 13. April 2022
Scholz „genervt“
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte Steinmeiers Nicht-Einladung aus der Ukraine zuvor als “etwas irritierend” kritisiert. “Der Bundespräsident würde gerne in die Ukraine gehen”, sagte Scholz. Es wäre gut, den Bundespräsidenten zu akzeptieren.
Ob er selbst die Einladung nach Kiew annehmen wird, ließ der PSD-Politiker in einem Interview mit Radio rbb24 info offen. Er stehe in engem Kontakt mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, sagte Scholz. Auch er war kurz vor Ausbruch des Krieges in Kiew.
Zunächst gab es einen gemeinsamen Solidaritätsbesuch mit den Staatsoberhäuptern Polens, Litauens, Lettlands und Estlands. Die vier anderen Politiker reisten daraufhin ohne Steinmeier nach Kiew.
“Wenn es unterschiedliche Wahrnehmungen gibt, dann muss man sich an einen Tisch setzen”, sagte Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der SPD.
Tagesthemen 22:15, 13. April 2022
Baerbock: Volle Solidarität
Auch Außenministerin Analena Burbock bedauert, dass Steinmeier nicht nach Kiew reist. „Wir haben gemeinsam über diese Reise gesprochen und ich fände es sinnvoll“, sagte der grüne Politiker am Rande seines Besuchs in der malischen Hauptstadt Bamako.
Burbock betonte jedoch: „Es ist klar: Wir stehen voll und ganz auf der Seite der Ukraine. Wenn wir die Ukraine bei ihrer Verteidigung vor Ort unterstützen, sind wir voll solidarisch.“
Habek: „Deutschland entlädt“
Vizekanzler Robert Habeck hat die Absage von Steinmeiers Ukraine-Besuch kritisiert. „Der Bundespräsident ist Deutschland. Und deshalb ist seine Einladung von Präsident Selenski eine Einladung aus Deutschland“, sagte der Grünen-Politiker der Funke Mediengruppe.
„Leider muss ich es so sagen: Der ukrainischen Seite ist ein diplomatischer Fehler unterlaufen. Auf die Frage, ob er oder Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Ukraine reisen würden, sagte er: „Jetzt müssen wir alle darauf achten, das Problem zu lösen und es nicht eskalieren zu lassen. Genau dafür wurden Telefone erfunden.“ Die gesamte Regierung steht in ständigem Kontakt mit der ukrainischen Regierung.
Merz: ein Zeichen der Unzufriedenheit
HDZ-Chef Friedrich Merz sprach derweil von einem Zeichen der Unzufriedenheit in der Ukraine. „Offensichtlich sind die Vorbehalte gegen die Russlandpolitik der PSD in vielen osteuropäischen Ländern sehr groß. Und das kann ich verstehen“, sagte er der Rheinischen Post. Ein gewähltes Staatsoberhaupt zu demotivieren ist in einer Demokratie immer noch eine Beleidigung.
Zuvor hatte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andriy Melnik, seine Einladung an Bundeskanzler Scholz erneuert und sie mit dem Wunsch des Bundeskanzlers verbunden, die Verpflichtung zur Lieferung schwerer Waffen mitzubringen. Bei Scholz’ Besuch soll es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann, sagte der ukrainische Botschafter Andriy Melnik auf ProSieben und SAT.1. Sein Präsident freut sich darauf.
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