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Kuleba über deutsche Ukraine-Politik: „Den Preis zahlen wir mit Menschenleben“

Bis: 14.04.2022 18:32 Uhr

Der ukrainische Außenminister Kuleba hat die Forderung nach schweren Waffen aus Deutschland wieder aufgenommen. Die Ukraine zahle den Preis einer zögerlichen deutschen Politik mit Menschenleben, sagte er in einem Interview mit daily topic.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte die Bundesregierung zu einer zügigen Entscheidung in der Frage der Rüstungslieferungen auf. Dies sind historische Zeiten, und historische Zeiten erfordern schwierige Entscheidungen. Er erneuerte seine Forderung nach schweren Waffen und härteren Sanktionen wie einem Ölembargo. “Deutschland spielt in Europa eine führende Rolle”, sagte Kuleba, “und auf diese Führung setzen wir.” Die Zeit der halben Sachen ist vorbei.

Die Bundesregierung hat sich lange geweigert, Waffen an die Ukraine zu liefern, aber mehrere Politiker haben kürzlich signalisiert, dass auch schwere Waffen an die Ukraine geliefert werden könnten. Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich bisher allerdings vage und zurückhaltend.

„Ich hoffe, dass Scholz eine positive Entscheidung trifft“, sagte Kuleba. Wenn ein Konsens erreicht wird, werden Ukrainer zugrunde gehen und Dörfer zerstört werden. „Wir zahlen den Preis mit unserem Leben“, sagte er. „Wir hätten den Krieg verhindern können“, wenn Deutschland früher seine Position geändert hätte.

Ingo Zamperoni im Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba

Tagesthemen 23:35, 14. April 2022

“Wir sollten nicht in der Vergangenheit graben”

Im Streit um Steinmeiers abgesagte Reise setzte sich Kuleba für eine Normalisierung der deutsch-ukrainischen Beziehungen ein. „Ich möchte nicht in die Verletzungshistorie eintauchen“, sagte Kuleba im Gespräch mit den tagesthemen und plädierte dafür, eine neue Seite aufzuschlagen und nach vorne zu schauen.

“Nur wenn wir vereint sind, können wir Russland besiegen und Europa schützen.” Die Zeit der halben Sachen ist vorbei. Auf die Frage, ob Steinmeier nicht eigentlich eingeladen worden sei, wich Kuleba aus.

Streit um Steinmeier

Der Streit um die deutsche Ukraine-Politik hat zuletzt seinen Höhepunkt erreicht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollte mit den Präsidenten Polens, Lettlands, Litauens und Estlands nach Kiew reisen. Die ukrainische Regierung lehnte den Besuch Steinmeiers jedoch ab und lud stattdessen Bundeskanzler Olaf Scholz ein.

Hintergrund sollen Steinmeiers Politik gegenüber Russland und die zögerliche Haltung Deutschlands gegenüber Rüstungslieferungen und Sanktionen sein. Kuleba sprach von einer Liste von Vorfällen, die den Beziehungen geschadet haben, und nannte dabei insbesondere Nord Stream 2 und die Rüstungsdebatte.