Eigentlich muss das Parteiengesetz kommende Woche im Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden. Dazu müssen ÖVP und Grüne die SPÖ bzw. FPÖ davon überzeugen, für den Vorschlag zu stimmen.
Die erste folgte – wie die Neos, deren Stimmen knapp wurden – der Einladung von Sigrid Maurer, Vorsitzende der Grünen, und ÖVP-Vizevorsitzenden Andreas Ottenschlager, über das Gesetz zu verhandeln. Die Regierungsparteien ihrerseits sind den Wechselforderungen von SPÖ und Neos weitgehend gefolgt. Und dann kam es zum „No-Go“ der SPÖ (O-Ton Maurer). Sie forderte auch, dass die derzeitige Vorsitzende des Rechnungshofs, Margit Kraker, mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat für die Gesetzesvorlage der Regierung zustimmt – eine Bedingung, die nach der derzeitigen Rechtslage nicht erfüllt werden kann.
Die Regierungsparteien waren erst irritiert, dann wütend, als die SPÖ drohte, über jene Teile des Gesetzesvorschlags, die keiner Zweidrittelmehrheit bedürfen, im Parlament zu entscheiden, womöglich am Donnerstag im Nationalrat mit den anderen Oppositionsparteien, aber ohne die Sozialdemokraten. In jedem Fall wird das Gesetz am Montag Gegenstand des Verfassungsausschusses sein.
Erfüllbare SPÖ-Wünsche
Der im April eingebrachte Gesetzentwurf von ÖVP und Grünen gibt dem Rechnungshof Prüfungsbefugnisse bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten im Jahresbericht der Partei, der mit einer Firmenbilanz vergleichbar ist – bisher musste er dafür Wirtschaftsprüfer beauftragen mach das. Möglich wird dies nach Aussage der Regierungsparteien „bei konkreten Angaben zur Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit im Jahresbericht oder Werbebericht der Kampagne oder bei begründetem Verdacht auf einen Rechtsverstoß“.
Neben härteren Strafen und geringeren Deklarationsbeträgen für Spender müssten nach den Plänen von Schwarz und Grün nicht nur Bundes- und Landesparteien, sondern auch Kreise und Kommunen Einnahmen und Ausgaben veröffentlichen. Künftig soll es auch Parteiorganisationen nicht mehr möglich sein, Transparenzregeln etwa durch Verbandsstrukturen zu umgehen.
Kurz darauf trat die SPÖ mit ihren fünf Hauptforderungen an die Öffentlichkeit: Sie reichten von der Wahl des Rechnungshofpräsidenten mit Zweidrittelmehrheit im Nationalrat bis zur Veröffentlichung von Erhebungen und Studien der Ministerien, inklusive Kosten, bis hin die Möglichkeit, künftig fünf und nicht nur 20 Abgeordnete eine Sonderprüfung beantragen zu können.
Offenbar gab es für die ÖVP und die Grünen keine unerreichbaren Zustände. „Die können wir alle grob erfüllen“, sagte der ÖVP-Abgeordnete Andreas Ottenschlager im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“.
„Absolut absurd“ Lex Cracker
Und dann kam die SPÖ, allen voran Vizepräsident Jörg Leichtfried, der forderte, das neue Zweidrittelmehrheitsregime sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes umzusetzen. In der Praxis würde dies bedeuten, dass die Präsidentin des Rechnungshofs, Margit Kraker, die das Amt sechs von insgesamt zwölf Jahren innehatte, abgesetzt werden sollte.
Für eine erneute Kandidatur von Cracker reicht eine Neuwahl nicht aus, da das Gesetz keine Wiederwahl vorsieht. Dafür müssen Sie also Ihr eigenes Gesetz – Lex Kraker – schaffen.
Ottenschläger erklärt, dass eine Wiederwahl nicht nur im Fall Kracker, sondern generell sinnvoll sei. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen legen die Gesetze die Amtszeit des Präsidenten bewusst auf zwölf Jahre fest, “damit er oder sie selbstständig arbeiten kann”. Dass eine Wiederwahl nicht in Frage komme, sei “eine zweite Unabhängigkeitsgarantie, da der Amtsinhaber für eine Wiederwahl keine Mehrheit anstreben muss”, sagt Ottenschlager.
Verhandlungen am Montag
Crackers Entlassung sei eine “völlig absurde Bedingung”, sagte SPÖ-Grünen-Klubobmann Maurer im Ö1-Interview empört. Als Kracker 2016 gewählt wurde, warf Maurer, damals ordentliches Mitglied der Grünen, dem damaligen ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka einen „scheinheiligen Putsch“ vor. Der damalige FPÖ-Chef Heinz Christian Strache sagte vor Journalisten, die ÖVP habe ihm signalisiert, die FPÖ-Kandidatin Helga Berger zu wählen. Um diese Wahlen zu verhindern, einigte sich die SPÖ widerwillig auf den ÖVP-Kandidaten Kraker. Vor ihrer Tätigkeit beim Steirischen Landesrechnungshof war sie gut ein Jahrzehnt im Büro des Steirischen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer (ÖVP) tätig, der am Montag in den Ruhestand ging.
Leichtfried selbst stand der „Wiener Zeitung“ am Freitag für ein Interview nicht zur Verfügung. Eine extrem späte Rückkehr soll es für den Trainer allerdings nicht werden. Der SPÖ-Vizechef stellte auf Twitter klar, dass Margit Kraker als Vorsitzende des Rechnungshofs “völlig in Frage kommt”. Er begründete die Forderungen der SPÖ damit, dass mit der Kompetenzerweiterung auch der Legitimitätsgrad des Rechnungshofchefs erhöht werden solle. Am Freitag wurde diese Position auch vom SPÖ-Klub bestätigt und die Sozialdemokratie steht für weitere Verhandlungen zur Verfügung.
ÖVP und Grüne führen sie am Montag auch in den Verfassungsausschuss. Maurer sagt aber auch, dass die Regierungsparteien notfalls “eine einfache rechtliche Lösung suchen werden”, denn: “Das Parteienrecht ist ein sehr wichtiger Eckpfeiler in Richtung einer sauberen Politik.” Auch Politikwissenschaftler Hubert Sickinger bestätigte via Twitter, dass die Reform des Parteiengesetzes auch ohne Zustimmung der SPÖ „nicht gescheitert“ sei: „Für die Eckpunkte der geplanten Reform sind keine Verfassungsänderungen nötig“, sagte er. Eine verfassungsrechtliche Grundlage – und damit die Zustimmung der SPÖ oder der FPÖ – ist lediglich für die Erstellung eines Parteienregisters erforderlich.
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