Die Berliner Humboldt-Universität hat einen Vortrag der Biologin Marie Louise Folbrecht abgesagt, der im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften geplant war. An diesem Sonntagnachmittag wollte sie zeigen, dass es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt. Die linke Gruppe Critical Lawyers Task Force rief zu einer Gegendemonstration auf. Volbrechts „These“ ist laut einer Stellungnahme des Konzerns „unwissenschaftlich, menschenverachtend und queer- und trans*feindlich“. Dass die Humboldt-Universität einem „bekannten trans*feindlichen Redner“ eine Bühne biete, sei unverschämt, heißt es in der Petition. „An unserer Universität ist kein Platz für seltsame Animositäten. Wir sehen uns auf der Straße!“, schrieb die „Arbeitsgruppe“ auf Twitter. Die Universität habe daraufhin die Vorlesung wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, hieß es.
Michael Hahnfeld
Verantwortlicher Redakteur für Feuilletons Online und “Medien”.
Die Polizei teilte ihnen mit, dass eine Protestaktion geplant sei, teilte die Universität Welt am Sonntag mit. Auch eine Gegendemonstration wurde angekündigt. „Wir bedauern sehr, dass Frau Wohlbrecht den Vortrag nicht halten kann“, sagte die Kommunikationsleiterin der Hochschule, Birgit Mangelsdorff, der Zeitung. Sie treffen keine große Entscheidung, sondern folgen Sicherheitsüberlegungen. „Wir suchen nach einer Möglichkeit, dass Frau Volbrecht zu einem späteren Zeitpunkt über ihre Arbeit in Ungarn sprechen kann“, wurde die Sprecherin von „Welt am Sonntag“ zitiert. Das Zitat der Hochschule in Bild besagt, dass der Vortrag „im Interesse der Gesamtveranstaltung und der Besucher“ abgesagt wurde. Die „Vortragsdebatte“ drohe, „alle anderen Vorschläge zu überschatten“.
Das Motto von Marie Louise Wohlbrecht lautete: „Sex ist nicht gleich Sex. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“. Es soll also um den Unterschied zwischen biologischem Geschlecht und gesellschaftlicher Geschlechterrollenzuordnung (Gender) gehen. Transaktivisten, die Wert auf eine solche Unterscheidung legen, werden oft als „transphob“ angegriffen.
Ablehnung „aus Angst vor Gewalt“
So auch Marie-Louise Folbrecht, die in der „Welt“ einen Artikel mitverfasste, gegen den die Transszene ebenfalls Sturm schlug. Die skurrile Jobmesse „Sticks & Stones“ brachte den Springer-Verlag, der die Veranstaltung jahrelang unterstützt hatte, sofort vor den Kopf. Springer-Chef Matthias Döpfner hingegen sah sich genötigt, den Artikel als „untergründig“, wissenschaftlich „bestenfalls grob einseitig“ und im Ton „oberflächlich, herablassend und verbittert“ abzutun. Gleichzeitig wehrte sich Döpfner gegen den Absagereflex des Messeveranstalters Uhlala Group. Für einen Gastbeitrag in einer Zeitung werden “18.000 Mitarbeiter dieses Unternehmens gesamtschuldnerisch haftbar gemacht”.
Das kommentierte die Doktorandin gegenüber Bild. Die Absage mache sie “traurig”, wurde Marie Louise Volbrecht zitiert. „Das Scheitern an radikalen, gewaltbereiten Aktivisten, die kein Verständnis für Biologie haben“, sei „nachvollziehbar, aber alarmierend.“ Es könne keine sachliche Debatte mehr geben, „wenn Veranstaltungen aus Angst vor Gewalt abgesagt werden“. Laut Marie-Louise Wohlbrecht in Bild ist der Vorfall ein weiteres Beispiel für “radikale Mittel von Gender-Ideologen”.
Im Internet sind aber auch zahlreiche Stimmen zur Unterstützung von Marie Louise Folbrecht zu hören, etwa unter dem Hashtag #LetWomenSpeak auf Twitter, unter dem nicht nur zu diesem Anlass Aussagen zu finden sind, die darauf hindeuten, dass die intolerante Transszene insbesondere die Positionen von Feministinnen und greift sie persönlich an. Auf ihrem eigenen Twitter-Account verwies Marie Louise Wohlbrecht auf die Ironie, dass die Universität die Vorlesung aus Sicherheitsgründen absage und ihr Thema die Rolle der Wissenschaft in einem Feld voller Fake News sein solle.
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Auf der Website der Humboldt-Universität steht nichts über den Prozess, aber auf Twitter zeigt sich die Universität guter Dinge: „An den Standorten Adlershof, Mitte und Nord gibt es viel zu entdecken“, heißt es: „Materials of the Future, HU – Startups , ein Würfel mit dem ganzen Wissen der Physik und vielem mehr”.
Oder: „Die Ernährungskrise saß nur auf dem Stuhl. Als nächstes darf die Wasserkrise über ihre Probleme sprechen. Hören Sie, womit Krisen in der Natur gerade zu tun haben.“ Das Motto der Langen Nacht der Wissenschaft lautet: „Alles von Anfang an: Krisen. Wissen. Sich entscheiden. Die Humboldt-Universität präsentiert wissenschaftliche Lösungen.“
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