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KPÖ-Chefin in Graz Elke Carr: „Ohne Reichensteuer geht es nicht“

Grazer Bürgermeisterin Elke Karr (KPÖ) setzt weiterhin auf soziales Engagement und die Unterstützung von Menschen, die angesichts steigender Preise trotz Arbeit nicht über die Runden kommen. Zentral: Bezahlbarer Wohnraum, sagt Carr im APA-Interview.

Weiteres Highlight der Koalition Dunkelrot-Grün-Rotes Rathaus: Ausbau des ÖPNV, Schaffung von Grünflächen. Carr befürwortete auch eine Obergrenze für Mieten und Energiepreise. Und: “Ohne Reichensteuer geht es nicht.”

„Sehr gutes“ Koalitionsklima


Der Wahlsieg der KPÖ in Graz vor knapp einem Jahr beendete die 18-jährige Amtszeit von Siegfried Nagl (ÖVP) und stellte gemeinsam mit Kahr erstmals einen KPÖ-Bürgermeister an die Spitze der steirischen Landeshauptstadt. Das Klima in der Koalition und die Zusammenarbeit mit den Grünen und der SPÖ bezeichnete Carr als sehr gut. Neben den Gemeinderatssitzungen gibt es auch zeitlich befristete Möglichkeiten für alle Parteien wie ÖVP und FPÖ oder NEOS, sich einzubringen. „Dieses Klima hätte ich mir gewünscht, als wir noch nicht die stärkste Partei waren“, sagte Carr beim APA Summer Talk.


Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) habe seinen ersten Haushalt ruhig und behutsam vorbereitet und vorgelegt, sagte Carr. Aber in weniger als einem Jahr seit dem Herbst hat sich viel verändert, die Schlüsselwörter sind der Krieg in der Ukraine und die Inflation. Sie müssen darüber nachdenken, wie Sie die vielen dringenden Anliegen der Bürger angehen können – zum Beispiel die Schaffung erschwinglichen Wohnraums im Hinblick auf die Inflation.

Für Obergrenzen bei Energiepreisen und Mieten


Carr setzt sich für eine Deckelung von Mieten und Energiepreisen ein. Als Stadt wurde der Jahreskartenpreis für die Graz Linien zum ersten Mal seit langem nicht mehr erhöht. Sie können sich auch eine leichte Erhöhung der Grundsteuern vorstellen. Die gezielte Vergabe von Wohngeld muss wiederhergestellt und der Staat aktiviert werden. Steuern können immer dort erhoben werden, wo es Gewinne gibt.


„Ohne Besteuerung der Reichen wird es nicht gehen. Zur Finanzierung der ÖPNV-Infrastruktur sollte es auch staatliche Steuern wie die Nahverkehrsabgabe für Unternehmen mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl geben“, so der Bürgermeister. Zur Zurückhaltung der ÖVP-SPÖ-Landespolitik, hier aktiv zu werden, sagte Kahr: „Man findet immer einen Grund, etwas abzulehnen.“


Graz wird grüner und klimafreundlicher


„Bäume, Bäume, Bäume, das wollen wir alle“, sagte die Bürgermeisterin zum Entwurf der Stadt, mit ihrer grünen Stellvertreterin Judith Schwentner im Ressort wollte sie aber nicht sprechen. Sie zeigte sich positiv gestimmt, dass die Stadt grüner und klimafreundlicher werde, darunter die Zinzendorfgasse, der Tummelplatz und der Griesplatz. Aber die Überarbeitung des Regulierungsplans geschieht nicht über Nacht. Sie freut sich jedenfalls, dass mit der innerstädtischen Zerstückelung der Tramlinien und eines Großteils der Trasse für die Südwestlinie der Ausbau des ÖPNV in Bewegung kommt.

Die Bewältigung des Alltags fällt vielen Grazern schwer


Ihrer Einschätzung nach hätte mehr als die Hälfte der Grazer Bevölkerung finanzielle Probleme, den Alltag zu bewältigen. Der Stress eines schlecht bezahlten Jobs ist hoch und schafft zusätzliche Probleme. Die Sozialkarte sollte auch für Nichtarbeitslose geöffnet werden.


Was ist bei all den Beschreibungen von Menschen in Not und Not noch gut an Graz?: „In Graz muss man keine Angst haben“, antwortete Carr. Unter anderem gibt es in der Stadt eine Polizei, die vorsichtig vorgeht. Aufgabe der Politik sei es ihrer Meinung nach, im Umgang mit Menschen Freundlichkeit und Respekt zu zeigen, Ängste zu nehmen und Mut und Halt zu geben. „Haben Sie einen Job, von dem Sie leben können. Ältere Menschen können so lange wie möglich zu Hause bleiben. Und vor allem: Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. All das ist das Große, was eine Stadt zusammenhält“, sagte Carr.


Jeder bekommt ein Date


Alle, Politiker und Bürger, müssen mitmachen: “Ich habe eine Stunde für alle.” Das reicht von Angehörigen politischer Konkurrenten und Mitgliedern des Stadtsenats über Geschäftsleute bis hin zu Menschen, die Sorgen haben und Unterstützung brauchen.

Beim Lieblingsthema der Kommunisten, dem Wohnen, wollte man keine Gruppe vergessen. „Wir sind dabei, ein Vormundschaftsmodell zu entwickeln, Bezirksarbeit und Wohnungsaufsicht müssen gestärkt werden.“ Außerdem sollen einige Sozialwohnungen „bestockt“ werden, um Frauen mit Kindern, die aus verschiedenen Gründen keine haben, schnell zur Verfügung zu stehen wissen, wohin sie gehen müssen. Aber auch für Männer, die zum Beispiel abgewiesen wurden, um die Situation loszuwerden und für ein paar Tage ein Dach über dem Kopf zu haben. Hier arbeiten wir eng mit der Männerberatung zusammen.