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Klima: Wie sich Städte gegen die Hitze wappnen können

Analyse

Stand: 19.07.2022 07:03 Uhr

Die Hitzewelle hat Deutschland erreicht – und wieder einmal scheinen die Menschen schlecht vorbereitet zu sein. Strategien gibt es durchaus: Fünf Ideen, wie sich Städte besser aufrüsten könnten.

Heiße Tage und Tropennächte – wenn die Tagestemperaturen 30 Grad überschreiten und nachts nicht mehr unter 20 Grad fallen – dann ist das für viele Menschen ein Problem. Vor allem, wenn sich Tage wie dieser summieren. Was Hitzewellen anbelangt, so besteht ein hohes Maß an Sicherheit, dass sie aufgrund des Klimawandels bereits zugenommen haben und weiter zunehmen werden.

Hitzeperioden, die im vorindustriellen Zeitalter durchschnittlich alle 50 Jahre auftraten, treten heute fast fünfmal so häufig auf, d.h. einmal alle zehn Jahre. Wenn die Treibhausgasemissionen so weitergehen wie bisher, könnte bis zum Ende des Jahrhunderts jeder – oder zumindest jeder zweite – Sommer in Europa mehr als 60 heiße Tage in Folge bringen.

Das ist kein Traumsommer, sondern ein Alptraum. Denn in den Jahren 2018 bis 2020 starben in Deutschland insgesamt fast 20.000 Menschen an den Folgen der Hitze. Die Wissenschaft errechnet diese Zahl aus der sogenannten Übersterblichkeit im Vergleich zu weniger heißen Sommern. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Kleinkinder und Schwangere – aber auch junge Menschen, die bei dieser Hitze im Freien arbeiten müssen. Also was soll ich tun?

1. Hitzeaktionsplan

Trotz dieser recht eindeutigen Datenlage gibt es keinen nationalen Hitzeaktionsplan. In Deutschland ist dies Sache der Länder und Kommunen. Seit 2017 hat die Bundesregierung zumindest eine Richtlinie erlassen, die den Städten dabei helfen soll. Im Koalitionsvertrag der Ampelparteien heißt es aber, dass jetzt gemeinsam mit den Bundesländern eine nationale Klimaanpassungsstrategie entwickelt werden muss – mit klarem Fokus auf die Hitzeprävention. Bislang haben jedoch nur wenige Dutzend Kommunen solche Pläne. Analysen aus sechs europäischen Ländern, darunter Spanien und Frankreich, zeigen, dass sie durchaus zu Verbesserungen führen. Die Sterblichkeit ist während Hitzewellen zurückgegangen, zumindest bei älteren Menschen.

Um kurzfristig etwas zu erreichen, müssten jedoch drei Hebel angesteuert werden, sagte Jorn Birkmann, Leiter des Instituts für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) an der Universität Stuttgart, gegenüber dem Science Media Center. „Frühzeitige Risikokommunikation für gefährdete Personen und sensible Infrastrukturen und umfassende niederschwellige Warnung an die Zivilgesellschaft, zweitens Identifizierung kühler Orte als Rückzugsorte und drittens Ausbau des kostenlosen Trinkwassers im öffentlichen Raum.“

2. Warnung ist wichtig

Die Flut von Ar vor einem Jahr machte deutlich: Wäre rechtzeitig gewarnt worden, hätten viele Menschen gerettet werden können. Öffentliche Warnungen beispielsweise im Radio werden oft nicht wahrgenommen oder ernst genommen. In Deutschland herrscht eine gewisse Sorglosigkeit, geschürt durch mangelnde Erfahrung und das, was Experten „katastrophale Demenz“ nennen: Wir vergessen schnell.

Allerdings sollten Apps, Medien und Fachinformationssysteme vor Hitze warnen, forderte Andreas Matzarakis, Leiter des Zentrums für Medizinische Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes. „Ich wünsche mir eine Laufband-Hitzewarnung im Fernsehen.“ Noch besser seien gezielte Warnungen: Französische Kommunen etwa haben ein Register von besonders gefährdeten älteren, alleinstehenden Menschen eingeführt und holen sich dann Hilfe vom Sozialamt wenn die Hitze anhält.

3. Planen Sie coole Unterstände

Kühle und gekühlte Räumlichkeiten – von Bibliotheken bis Kirchen – müssen besonders gekennzeichnet und Freibäder geöffnet werden, fordert Stefan Emeis, Leiter der Arbeitsgruppe Stadt- und Ökoklimatologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Flexible Arbeitszeiten können es Arbeitnehmern ermöglichen, wo möglich und praktikabel, die heißesten Stunden des Tages – etwa 15:00 bis 17:00 Uhr – zu vermeiden. Nachmittags sollte nach Möglichkeit nicht im Freien gearbeitet werden.

4. Ausreichende Menge an Trinkwasser

Trinkbrunnen in Städten sind eine wichtige Ad-hoc-Maßnahme. Einzelhändler, Restaurants und Arbeitgeber können kostenloses Trinkwasser anbieten, wo es bisher keines gab. In vielen deutschen Städten gibt es bereits Initiativen zum Nachfüllen von Trinkwasser – und zwar mit dem Ziel, Einwegflaschen einzusparen. Ein blauer Tropfen in einem kreisförmigen Aufdruck zeigt an, wo Sie die mitgebrachte Wasserflasche füllen können. Dies kann auch gezielt als Vorsichtsmaßnahme bei heißem Wetter eingesetzt werden.

5. Städte langfristig planen

Innenstädte sind deutlich wärmer als das Umland, je größer die Stadt, desto größer der Unterschied. Versiegelte Böden und Gebäude speichern Wärme. Da es wenige Pflanzen und Gewässer gibt, gibt es auch wenig kühlende Verdunstung.

Daher sollten Städte jede Gelegenheit nutzen, dies zu ändern, sagt Emeis. Schatten und helle Farben, Korridore mit frischer Luft, Pflanzen und Wasser sind die Schlüsselwörter. Laut Forschern der niederländischen Universität Wageningen kann die Kühlleistung eines einzelnen Baumes 20 bis 30 Kilowatt betragen. Das entspricht etwa zehn Klimaanlagen. Andere Arbeiten der ETH Zürich zeigten, dass es in baumbestandenen Gebieten in mitteleuropäischen Städten acht bis zwölf Grad kühler war als in bebauten Gebieten.